Thor, Tesla und die Übersetzungs- und Lokalisierungsindustrie
Die Begriffe Übersetzung und Lokalisierung werden in der Industrie sehr häufig verwendet, sowohl gemeinsam als auch individuell. Manchmal im gleichen Atemzug und manchmal fälschlicherweise als Synonyme. Dieser einleitende Satz mag zunächst simpel klingen, aber selbst hier müssen wir uns ehrlicherweise fragen: Um welche Industrie geht es überhaupt? Die Übersetzungsindustrie? Die Lokalisierungsindustrie? Oder die Übersetzungs- und Lokalisierungsindustrie? Das ganze Thema kann sehr verwirrend sein, deshalb möchten wir in diesem Beitrag etwas Klarheit darüber schaffen, was genau Übersetzung und Lokalisierung eigentlich bedeutet, was es mit den Industrien auf sich hat und mehr. Fangen wir am besten bei den Begrifflichkeiten selbst an: Was genau bedeuten sie und wo genau liegt eigentlich der Unterschied zwischen diesen vermeintlichen Synonymen? Und abgesehen davon, was haben überhaupt Thor, Tesla und die Übersetzungs- und Lokalisierungsindustrie gemeinsam? Klingt spannend? Dann lesen Sie unbedingt weiter!
Übersetzen, Lokalisieren
Es gibt keinen Grund, das ganze Thema unnötig zu verkomplizieren. Deshalb erklären wir die beiden Begriffe ganz simpel: Übersetzen – Jeder weiß, was das bedeutet. Und zwar eine Sprache in eine andere zu übertragen. Zum Beispiel ein gesprochener Satz, ein medizinisches Dokument oder sogar ein Film. Moment mal, gibt es bei der Übersetzung von Filmen nicht auch verschiedene Möglichkeiten? Nämlich Dubbing (oder auch Voiceover) oder sogar Untertitelung? Woher wissen wir, was davon Übersetzung ist und wie übertragen wir die Teile eines Films, die nicht übersetzt oder kulturgemäß übertragen werden können? Hier haben wir ein erstes gutes Beispiel für den Unterschied zwischen einer einfachen Übersetzung und der Komplexität einer Lokalisierung. Aber eins nach dem anderen. Zunächst gibt es je nach Medium, Kunstform oder Indsutrie verschiedene Arten der Übersetzung. Ob ein Film synchronisiert oder untertitelt wird, ist lediglich eine Frage der Präferenz. Aber auch hier lässt sich noch weiter ins Detail gehen, da besagte Präferenz oft kulturell bedingt ist. So bevorzugen Amerikaner oder Engländer zum Beispiel synchronisierte Filme, da sie den Film dadurch entspannter anschauen können und nicht über eine Stunde lang Untertitel lesen müssen. Andere Kulturen hingegen bevorzugen es, wenn der Film untertitelt ist, da so die Authentizität und der Film in seiner Originalform erhalten bleiben. Beide Methoden zählen als Übersetzung, aber die Präferenz einer bestimmten Methode steht in direkter Verbindung mit der eigenen Kultur und wird daher zum Thema Lokalisierung, zum Beispiel bei der Produktion oder Verbreitung des Films. Als nächstes beschäftigen wir uns mit Inhalten, deren Sinn durch die Übersetzung verloren geht. Zum Beispiel durch das Voiceover oder aber durch eine Referenz, die in einer Kultur vielleicht weniger verständlich ist als in einer anderen. Um Letzteres etwas genauer zu verdeutlichen, nehmen wir den Marvel-Film Thor Ragnarok aus dem Jahr 2017 als Beispiel. Das Resultat aus einem der Plots im Film basiert stark auf einer kulturellen Referenz. Im Film versucht Thor sich durch ein Passwortsystem Zugang zu einem Computer zu verschaffen, das Stimmerkennung nutzt. Der Entwickler des Systems gab jedem Teammitglied ein eigenes Passwort, das nur er und das jeweilige Teammitglied kannten. In zahlreichen Versuchen, den Computer zu entsperren, nennt Thor verschiedene Phrasen, die ihn und den Entwickler verbinden. Letztendlich kommt er auf das richtige Passwort, nämlich „Point Break“. Ein Witz, den der Entwickler machte, indem er Thor mit einem Charakter aus dem Film Point Break aus dem Jahr 1991 verglich. Diese Szene wurde so lokalisiert, dass das Passwort je nach Land, in dem der Film ausgestrahlt wurde, geändert wurde. Die Produzenten waren der Ansicht, dass die Referenz zu Point Break aus dem englischen Original international nicht verstanden werden würde. Daher wurde das Passwort im Film je nach Land geändert: In Deutschland zu „Conan“, in Tschechien zu „Goldilocks“ und in Ungarn zu „Tarzan“. Letztlich konnte der Witz über Thors Aussehen dadurch erhalten werden und der Sinn der Handlung ging nicht verloren. Die Referenz und der Charakter wurden jedoch an die einzelnen Regionen angepasst. Nur ein kleines, unbedeutendes Detail in einem so großen Film und einem noch größeren Universum. Aber der kleine Unterschied, den eine solche Anpassung basierend auf dem Zielland und damit der Lokalisierung macht, kann das Filmerlebnis der Zuschauer komplett verändern. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Menschen im Allgemeinen das einfache Konzept der Übersetzung leicht nachvollziehen können. Sobald jedoch die weitreichenden, kulturellen Implikationen einer Lokalisierung hinzukommen, wird es komplizierter. Ein gutes Beispiel dafür, warum Lokalisierung so schwer zu erklären oder an einen bestimmten Kontext anzupassen ist.
Die Begrifflichkeiten
Wenn man sich näher mit dem Begriff Lokalisierung und der Bedeutung, die dahinter steckt, auseinandersetzt, können die Fakten und falschen Annahmen schnell überfordern. Daher ist es wichtig, den Begriff zu definieren und dadurch weniger kompliziert zu machen. Eine einfache Art und Weise, das zu tun ist, das Wort einfach in seine Einzelteile zu zerlegen: „Lokal“ ist das Schlüsselwort und den Rest können wir uns dann ganz einfach selbst zusammenreimen. Unter Lokalisierung versteht man den Vorgang, etwas (sei es eine Produktion, ein Dokument oder ein Geschäftsmodell) „lokal“ zu machen. Allerdings sollte folgendes erwähnt werden: Um etwas lokal zu machen, muss es zunächst unbekannt und fremd sein. Und zwar insofern, dass es aus einer anderen Region stammt und in dieser Art und Weise nicht verwendet werden kann. Ein sehr gutes Beispiel dafür sind die verschiedenen Arten von Animes. Während der Post-Production werden diese für eine westliche, englischsprachige Zielgruppe synchronisiert und untertitelt. Die Lokalisierung sorgt dafür, dass Endkunden aus anderen Teilen der Welt ein Produkt (sei es ein Anime oder ein Film) besser verstehen können. Dabei muss man jedoch bedenken, dass eine simple Übersetzung oft nicht ausreicht. Der Sinn wird durch die Übersetzung verloren gehen und genau hier muss dann der Übergang von der Übersetzung hin zur Lokalisierung erfolgen. Statt nur zu übersetzen, muss also lokalisiert werden, damit die Referenzen und Phrasen nach der Übertragung in eine andere Sprache auch wirklich verstanden werden.
Um noch etwas tiefer auf diese Thematik einzugehen, ist es wichtig, das folgende, weit verbreitete Konzept zu verstehen: Jede Übersetzung ist eine Lokalisierung, aber nicht jede Lokalisierung ist eine Übersetzung. Ein Beispiel dafür ist die oben genannte Referenz aus dem Film Thor Ragnarok. Die Änderung solch einer simplen Referenz ist nicht wirklich eine Übersetzung. Englischsprachige Leser kennen die Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den verschiedenen Filmreferenzen und dem Erscheinungsbild der Charaktere. Allein anhand dieses Beispiels sehen wir, dass eine Lokalisierung nicht zwangsläufig eine Übersetzung sein muss. Umgedreht jedoch sehen wir, dass eine Übersetzung sehr häufig auf die Beschreibung einer Lokalisierung passt. Das liegt daran, dass Wörter schlicht und ergreifend geändert werden müssen, damit sie von der Zielgruppe aus einem anderen Land verstanden werden. Letztendlich sehen wir, dass kulturelle Angemessenheit nicht nur etwas damit zu tun hat, wie die Sprache geändert wird. Stattdessen geht es auch um verschiedene Referenzen, Verständnis, Anerkennung und Respekt durch besagte Region.
Der Einfluss von Übersetzung und Lokalisierung
Wenn wir uns mit den Ähnlichkeiten und Unterschieden zwischen Lokalisierung und Übersetzung beschäftigen, verlieren wir uns leicht in den Definitionen und der Semantik. Dadurch verlieren wir vielleicht sogar das Ziel vor Augen, nämlich warum wir uns überhaupt mit der Frage beschäftigen. Sowohl Übersetzung als auch Lokalisierung sind wichtig. Häufig begegnen uns die beiden Begriffe im selben Kontext, wenn auch nicht als Synonyme. In Industrien und Unternehmen, die ständig in andere Regionen als ihre eigene expandieren möchten, ergänzen sich die beiden Begriffe ganz hervorragend. Da kommt auch schon die nächste Frage auf: Warum interessieren sich so viele Industrien und Unternehmen für andere Regionen? Wachstum ist das A und O. Einem Unternehmen auf dem heimischen Markt zum Wachstum zu verhelfen, ist ein guter erster Schritt. Aber sobald Sie diesen Markt erobert haben, steht die nächste Herausforderung an, nämlich Ihre Produkte oder Dienstleistungen auch in anderen Teilen der Welt zu vertreiben. Danach wächst das Unternehmen immer weiter. Der Elektroauto-Hersteller Tesla ist ein gutes Beispiel für Wachstum. Nehmen wir zum Beispiel die folgenden zwei Punkte. Gründer Elon Musk kündigte an, dass die beiden Gigafactories im Westen und Osten der USA (in Nevada und New York) lediglich der erste Schritt im Aufbau des Unternehmens sein würden. Er bestätigte, dass Tesla nach Europa expandieren werde und es gibt Gerüchte, dass es bald auch in Asien eine Gigafactory geben soll. Dadurch könne international eine effiziente Produktion von Batteriepacks und Autos sichergestellt werden. Zudem haben wir hier Diversität. Ein Faktor, der wiederum zu mehr Wachstum führt, wenn auch im Sinne von Stabilität, sowie eine ausgewogene Perspektive hinsichtlich des Produkts. Wenn Sie es Ihrem Unternehmen nicht ermöglichen zu wachsen und verschiedene Zielgruppen zu erreichen, wird Ihr Produkt zwangsläufig uninteressant, langweilig und veraltet, da sie niemals expandieren oder mehr Vielfalt einbringen müssen. Der letzte Punkt fasst die beiden vorherigen Punkte perfekt zusammen: Herausforderungen. Denn bevor Sie wachsen oder vielfältiger werden können, müssen Sie in den neuen Ländern erfolgreiches Marketing betreiben und diese beliefern können. Diese drei Punkte sind für neue und etablierte Unternehmen aus jeder Industrie förderlich und natürlich. Gleiches gilt auch für das Konzept der Lokalisierung in vielen Industrien. Es wird nur viel seltener darüber gesprochen, da die Lokalisierung meist im Hintergrund stattfindet.
Wir finden Lokalisierung überall: Von der Übersetzung, Farbschemata oder Symbolen bis hin zur angepassten Formatierung des Datums und der Berücksichtigung der Geschichte eines Landes. Wenn Sie bei der Übersetzung Ihres Produkts diese spezifischen aber ausschlaggebenden Details beachten, können Sie erfolgreich die kleinen feinen Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern berücksichtigen. Es gibt viele Unternehmen, die Lokalisierungsservices für verschiedene Industrien anbieten und Ihren Job als Gründer dadurch leichter machen. Konzentrieren Sie sich auf das große Ganze, statt sich über Feinheiten Gedanken machen zu müssen.