Der Wettlauf um die Effizienz: Das Paradox der Automatisierung und die Rolle der Menschen
Im heutigen Zeitalter der Übersetzung arbeiten Übersetzer nicht mehr einfach nur in einem simplen Textdokument. Eine Übersetzung ist ein komplexer Prozess, bei dem Inhalte in eine andere Sprache übertragen werden, während die Anforderungen des Zielmarktes, der Zielsprache und der Zielgruppe in Betracht gezogen werden. Übersetzungstechnologien sind heute zwar gang und gäbe, jedoch wird die Rolle der Projektmanager gelegentlich wieder in Frage gestellt, wenn auch diesmal aus einem anderen Blickwinkel. Sind die Projektmanager nur dafür verantwortlich, die Dateien hin und her zu senden? Dann könnte dieser Prozess doch komplett automatisiert und dadurch Ressourcen gespart werden. Die Koordination der Übersetzungsprozesse unter Einhaltung der Liefertermine und Budgets sowie die Qualitätssicherung des Endergebnisses zählen jedoch auch zu den Aufgaben der Projektmanager – entweder auf Seite des Sprachdienstleisters oder des Kunden.
Wir haben Natalia Rudinskaya (Key Account Director bei Janus Worldwide) einige Fragen zur Automatisierung der Übersetzungsprozesse und zur Rolle der Projektmanager gestellt.
Warum sollte man sich die Mühe machen, mit CAT-Tools zu arbeiten, und warum geht man diesen Zwischenschritt über den Projektmanager statt dem direkten Weg zwischen Kunde und Übersetzer?
Ich würde das nicht als Zwischenschritt bezeichnen. Der Projektmanager stellt viel mehr eine wichtige Verbindung zwischen Kunde und Übersetzer dar. Eine Verbindung, über die zahlreiche Managementaufgaben laufen. Das Ganze zu unterschätzen kann zu Zeitverlust, einer ineffektiven Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Parteien und zu Qualitätseinbußen bei der Übersetzung führen. Im Gegensatz zu der weitverbreiteten Annahme, dass die Projektmanager lediglich Dateien hin und her „schubsen“, gehört noch viel mehr zu den Funktionen der Projektmanager und zu deren Rolle im Übersetzungsprozess. Zu den Aufgaben eines PMs zählt zum Beispiel:
- Die Prüfung des Ausgangsmaterials und Identifizierung der Anforderungen an die Übersetzung sowie die Identifizierung der Services zur Optimierung der Kosten, Bearbeitungsdauer und Übersetzungsqualität.
- Die Umwandlung nicht-editierbarer Ausgangsdateien mit Grafiken und korrekter Formatierung in ein Textdokument für die anschließende Übersetzung.
- Das Analysieren der Ausgangsdaten im CAT-Tool und die Kalkulation der Projektkosten und der Bearbeitungsdauer im ERP-System.
- Die Verhandlung mit Kunden und die Ressourcenplanung.
- Das Zusammenstellen eines Teams für ein jeweiliges Projekt unter Berücksichtigung des Budgets und der Rentabilität.
- Das Aufteilen der Ausgangsdateien und die Zuweisung an mehrere Übersetzer (nach Bedarf).
- Die Vorbereitung von Paketen für die Übersetzung einschließlich der nötigen Translation Memories, das Erstellen von Glossaren und projektspezifischen Anweisungen für alle Beteiligten sowie die Bereitstellung des Materials im TMS.
- Die Zeitplanung des Projekts, die Qualitätskontrolle nach jeder Projektstufe und das Sicherstellen reibungsloser Abläufe zwischen Übersetzern, Lektoren und anderen Projektbeteiligten.
- Die Konfliktlösung und Risikominimierung sowie das Verhindern von Unterbrechungen des Projekts.
- Das Sammeln von Referenzmaterial und anderen benötigten Materialien, die Koordinierung der finalen Formatierung und des Layouts sowie letzte Checks zur Qualitätssicherung.
Werden all diese Schritte heute automatisiert durchgeführt?
Die Projektmanager übernehmen all diese Aufgaben unter Verwendung verschiedener CAT-Tools, Translation-Management- und Business-Management-Systeme. Währenddessen stehen sie per Telefon, E-Mail und Messenger in direktem Kontakt zu dutzenden Übersetzern, Kunden und Kollegen. Ein Projektmanager muss versiert sein im Umgang mit verschiedenen Programmen, denn im Arbeitsalltag bleibt keine Zeit, die Tools erst während der Projektabwicklung zu erlernen. Die Funktionen der PMs komplett zu automatisieren und dadurch Kosten einzusparen, ist also eher unwahrscheinlich. Einige der Aufgaben können jedoch durch Visualisierungen und Kundenportale optimiert und schlanker gestaltet werden, sodass Informationen zum Projektstatus, die Kostenübersicht und andere Projektberichte schneller abgerufen werden können.
Zielt der aktuelle Trend, die Zusammenarbeit zwischen Kunde und Sprachdienstleister zu vereinfachen, auf eine ganzheitliche Automatisierung ab oder steckt dahinter lediglich der Wunsch, Kosten einzusparen?
In unserer Industrie ist es nicht nur üblich, die Interaktion zwischen Kunde und Sprachdienstleister zu optimieren, das Ganze hat sich sogar zu einem Ausschlusskriterium entwickelt und spiegelt die Effizienz der Unternehmensprozesse wider.
Der Wunsch, Kosten, Ressourcen oder Budget einzusparen, ist allgegenwärtig. Am Wichtigsten ist heute jedoch die Zeitersparnis und da spielt die Automatisierung eine große Rolle. Aus diesem Grund verwenden wir bei Janus Worldwide die GTP (Global Technology Platform).
Bietet die GTP auch Vorteile für die Projektverantwortlichen auf Kundenseite oder dient die Plattform in erster Linie den Projektverantwortlichen auf Seite des Sprachdienstleisters?
Um diese Frage zu beantworten, würde ich gerne etwas tiefer in die Funktionalitäten der Plattform einsteigen.
Sehr gerne! Wo fangen wir da am besten an?
Zunächst einmal ermöglicht unsere GTP den Ansprechpartnern auf Kundenseite die Einsicht in den Status dutzender Projekte – und zwar online, ohne dafür einen PM kontaktieren zu müssen.
Sollten Fragen zum Projekt auftreten, steht ihnen dafür die eingebaute Chat-Funktion zur Verfügung, Damit können Nachrichten immer wieder abgerufen werden, um nachzulesen, was besprochen wurde und welche Entscheidungen getroffen wurden.
GTP-Projektübersicht
Es klingt so, als würde der Job des PMs dann nur noch aus ein paar wenigen einfachen Aufgaben bestehen. Ist das richtig?
Ganz im Gegenteil. Natürlich gibt es ein paar generische Aufgaben, die automatisiert werden können, um die Projektabwicklung zu beschleunigen. In der Vergangenheit ist es zum Beispiel schon vorgekommen, dass Kunden die Projektmanager nach Details zur Verteilung des eigenen Budgets gefragt haben. Um das Anliegen zu klären, wurde entsprechend Zeit aufgewendet, weshalb wir nach einer effizienteren Lösung gesucht haben. Unsere Kunden haben daher nun die Möglichkeit, die eigenen Budgets über die GTP im Blick zu behalten, die Gesamtkosten eines Projekts anzeigen zu lassen und das verbleibende Budget im Bereich Janus Budget einzusehen:
GTP-Budgetübersicht
Zusätzlich zu den bereits genannten Punkten ist Transparenz bei der Projektanalyse ein wesentlicher Bestandteil der heutigen Zusammenarbeit zwischen Kunde und Dienstleister. Wenn ein Kunde in der Vergangenheit die PMs um detaillierte Informationen gebeten hat, wurden die Berichte in der Regel im XLS-Format versendet. Die Spreadsheets enthielten jedoch nur begrenzte Informationen zu den Projekten und lieferten keine zufriedenstellende Übersicht. Heute nutzen wir dafür unser Janus Dashport, wo unsere Kunden auf nur einen Blick sehen können, ob Budgets anders verteilt oder die Liefertermine anders gesetzt werden sollten, und sie können basierend darauf ganz gezielt Entscheidungen treffen.
GTP-Dashport
Ich muss die Frage trotzdem stellen: Wird der Job der Projektmanager bald von Maschinen übernommen?
Die Rolle der Projektmanager befindet sich gerade im Wandel. Während die PMs die einzelnen Aufgaben früher selbst übernommen haben, überwachen sie heute die Projektabwicklung und kümmern sich um reibungslose Abläufe.
Der Fokus der Projektmanager ändert sich, aber deren Funktion im Übersetzungsprozess kann nicht ersetzt werden.