Dumping: Ein Problem in der Übersetzungsbranche?
Leider ja. Aber weitaus gravierender ist das fehlende Verständnis der Kunden für den Übersetzungsmarkt: Wo können vertrauenswürdige Dienstleister gefunden werden? Wie sehen die standardmäßigen Prozesse aus? Woran erkennt man gute Qualität? Welche Technologien gibt es? Wie werden die Preise definiert?
Kunden, die die Übersetzungsindustrie kennen, würden niemals nur 3 – 6 Euro pro Seite für TEP (6-Augen-Prinzip) bezahlen. Skrupellose Dienstleister machen sich jedoch das Unwissen vieler Kunden zunutze und nutzen sie schamlos aus. Wenn ein Dienstleister TEP als Service anbietet, aber die Übersetzungsqualität schlecht ist oder nur eine maschinelle Übersetzung ohne nachträgliches Post-Editing durchgeführt wurde, dann ist das kein Dumping, sondern Betrug.
Ein typisches Beispiel für Betrug dieser Art haben wir erst kürzlich gesehen: Ein Unternehmen hat eine Ausschreibung veröffentlicht und sich für einen Sprachdienstleister entschieden, der sehr niedrige Preise anbot. Nach nur einem Monat musste das Unternehmen erneut eine Ausschreibung veröffentlichen, da die Übersetzungen des gewählten Dienstleisters nicht der erwarteten Qualität entsprachen. Das Unternehmen wurde über den Tisch gezogen.
Häufig findet man auch Fälle, in denen der Dienstleister maschinelle Übersetzungen verkauft, obwohl der Kunde TEP bestellt. Ganz nach dem Motto: Das ist kein Dumping, das sind die Vorteile der Technologie.
Meiner Ansicht nach ist diese Art des Betrugs für Kunden genauso schädlich wie Dumping. Die Herausforderung für marktführende Unternehmen besteht darin, Kunden über die verschiedenen Aspekte der Übersetzungsbranche zu informieren. Dazu zählen die Bereiche Qualität, Workflows, Technologien und Dienstleister.
Zurück zum Dumping: Darunter versteht man den zeitweiligen Verkauf von Waren oder Dienstleistungen unter Wert, aber ohne qualitative Beeinträchtigungen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen (z. B. den Einstieg in einen neuen Markt oder die Umverteilung der Marktanteile). So lautet zumindest die Theorie. Viele japanische und deutsche Firmen haben diese Vorgehensweise verfolgt, um den Einstieg in internationale Märkte zu meistern.
Dieser Ansatz ist zwar sehr unbeliebt, aber Kunden vorsätzlich zu betrügen ist weitaus schlimmer.